22

Alex sträubte sich gegen das Wachwerden, das sie aus einem tiefen, wollüstigen und äußerst angenehmen Traum reißen wollte, und drehte sich träge seufzend noch einmal um. Außer dem samtschwarzen Schlaf, der sie umarmte, brauchte sie nur noch eines, um dieses warme, behagliche Glücksgefühl vollkommen zu machen. Langsam streckte sie den Arm auf die andere Seite der Matratze aus und suchte dort nach Kades Wärme. Er war nicht da.

War er gegangen, ohne ihr Bescheid zu sagen?

Jetzt war sie hellwach, stützte sich auf die Ellbogen und starrte in die leere Finsternis ihres Schlafzimmers. Sie knipste die Nachttischlampe an und stöhnte enttäuscht auf, denn er war wirklich nicht da. Doch dann hörte sie aus dem Flur das Quietschen des Wasserhahns, als die Dusche abgedreht wurde.

Einen Augenblick später kam Kade hereingeschlendert, nackt bis auf ihr rosafarbenes Badetuch, das er sich locker um die schlanken Hüften geknotet hatte.

„Du bist aufgewacht“, sagte er und fuhr sich mit den Fingern durch die feuchten schwarzen Haarstoppeln.

„Gehst du schon?“

Er setzte sich auf die Bettkante. Auf seinen Schultern und seiner Brust glitzerten Wassertropfen, einige von ihnen liefen in schmalen Rinnsalen über seine glatte Haut und die Glyphen.  Appetitlich sah er aus und roch auch so, und Alex verspürte den heftigen Drang, ihn trocken zu lecken.

Als fühlte er die lüsterne Richtung ihrer Gedanken, lächelte er. „Ich muss los. Meine Waffenbrüder aus Boston landen in ein paar Stunden in Fairbanks. Wir treffen uns bei einer alten Fernfahrerkneipe auf halber Strecke zur Minengesellschaft. Wir dürfen nicht riskieren, dass Dragos oder seine Leute mitkriegen, dass wir sie aufgespürt haben. Deshalb müssen wir uns die Mine ohne Verzögerung vornehmen.“

Er sprach so beiläufig über die Gefahr, die ihn und seine Freunde erwartete.

Alles, woran Alex denken konnte, war die sehr reale Möglichkeit, dass er verletzt werden könnte. Oder noch Schlimmeres, doch das wollte sie sich nicht einmal vorstellen. Schon der Gedanke, dass Kade in diese Mine ging und wo-möglich Dragos oder jemand noch Üblerem direkt in die Arme lief - der Kreatur, von der sie meinten, dass sie in dieses Gebiet transportiert worden war -, erfüllte Alex mit tiefstem Grauen. „Ich will nicht, dass du gehst. Ich hab Angst, dass ich dich nie mehr wiedersehe.“

„Keine Sorge“, sagte er, und ein düsterer, ironischer Ausdruck huschte über sein schönes Gesicht. „So leicht wirst du mich nicht los, Alex. Jetzt nicht mehr.“

Er legte ihr die Hand auf die Wange, beugte sich vor und küsste sie so zärtlich, dass ihr das Herz wehtat.

Und einige andere Stellen auch, die richtigen Stellen.

Als sich seine Lippen von ihren lösten, vibrierte ihr Puls am ganzen Körper wie vom Blitz getroffen. Und weiter unten jagte ihr das heftige Pulsieren Hitzewellen zwischen die Beine. Nach den leidenschaftlichen Stunden war sie immer noch scharf auf ihn, als hätte sie bisher nur einen kleinen Vorgeschmack genossen.

Sie seufzte lustvoll bei der Erinnerung daran, was sie alles miteinander getrieben hatten. „Letzte Nacht war ...“

„Ja. War es.“ Er lächelte, aber in seiner Stimme lag ein leichtes Zögern. Und etwas Gehetztes in seinem Blick.

Er streichelte ihre nackte Schulter, ließ seine Finger an der Seite ihres Halses entlanggleiten, dem einzigen Teil ihres Körpers, der sich noch lebendiger und erhitzter anfühlte als die feuchte Spalte zwischen ihren Schenkeln. Alex schmiegte sich in seine federzarten Liebkosungen und zitterte vor neu erwachender Lust, als sein Daumen über die Vene strich, die auf die Berührung mit noch wilderem Flattern reagierte.

„Du hast mich gebissen“, flüsterte sie und empfand einen seltsamen Kitzel bei diesen Worten.

Er neigte grimmig den Kopf. „Stimmt. Hätte ich nicht tun sollen. Ich hatte nicht das Recht, dir das zu nehmen.“

Meinte er ihr Blut? „Schon in Ordnung, Kade.“

„Nein“, widersprach er ernst. „Ist es nicht. Du verdienst mehr als das.“

„Es ... hat mir aber gefallen“, sagte sie zu ihm und meinte es so aufrichtig, dass sie selbst darüber schockiert war. „Was du gemacht hast, hat sich gut angefühlt. Tut es immer noch. Überall, wo du mich letzte Nacht angefasst hast, fühlt es sich gut an.“

Er atmete langsam aus, sein heißer Atem streifte ihre Stirn. Er hatte nicht aufgehört, ihren Hals zu streicheln. Diese entspannende Berührung hätte sie noch stundenlang genießen können.

“Was ich letzte Nacht getan habe, hat alles verändert, Alex. Ich habe von dir getrunken und mich dadurch an dich gebunden. Und kann es nicht rückgängig machen. Nicht mal, wenn du mich deswegen hasst.“

Sie drehte den Kopf und küsste die strenge Linie seiner Lippen. „Warum sollte ich dich hassen?“

Eine Ewigkeit lang starrte er sie an und fragte sich, wie sie auf das, was er ihr sagen wollte, reagieren würde. „Ich habe von dir getrunken, Alex, im vollen Bewusstsein, dass du eine Stammesgefährtin bist. Ich wusste, sobald dein Blut in meinem Körper ist, gibt es kein Zurück mehr. Jetzt bin ich unauflöslich mit dir verbunden. Für immer. Ich wusste, was es bedeutet, aber ich wollte einfach ... ich wollte dich so sehr, dass ich nicht aufhören konnte. Das hätte ich tun sollen, habe ich aber nicht.“

Alex hörte zu und sah die Qual in seinen Augen. Auch das Bedauern, und ihr Herz zog sich zusammen wie in einem Schraubstock.

„Letzte Nacht konntest du nicht aufhören“, sagte sie. Sie wollte es verstehen, auch wenn es sie umbrachte, es zu hören. „Aber jetzt wünschst du dir, du könntest es rückgängig machen. Weil sich deine ... Gefühle für mich verändert haben?“

Sein Kopf schoss hoch, und er runzelte die dunklen Brauen. „Nein, Himmel... nein, Alex. Was ich für dich fühle ...“ Er brach ab, die Worte blieben ihm im Hals stecken. „Was ich für dich empfinde, ist stärker als alles, was ich je empfunden habe. Es ist Liebe, Alex, und die war schon vor letzter Nacht da.

Sie wäre auch da, wenn ich dein Blut nicht getrunken hätte.“

Ihr fiel gar nicht auf, dass sie den Atem angehalten hatte, bevor er ihr mit einem Seufzer entwich. „Oh, Kade.“

Er stieß einen trockenen Fluch aus, während er sie weiter liebkoste. „Ich weiß nicht, wie ich das zulassen konnte. Ich hätte nie im Leben erwartet, jemals so was zu empfinden wie mit dir. Nicht jetzt, wo alles um mich herum so ein Chaos ist.“

„Dann bringen wir das Chaos eben wieder in Ordnung“, sagte sie und schlang ihm die Arme um den Hals. „Zusammen kriegen wir alles wieder hin. Weil ich mich auch in dich verliebt habe.“

Er fluchte wieder, diesmal jedoch mit einem ehrfürchtigen Flüstern, zog sie an sich und küsste sie mit rasender Leidenschaft. Unter ihren Fingerspitzen spürte Alex, wie sich seine Muskeln spannten und zuckten. Sie fühlte das bebende Verlangen, das ihn erschütterte, als er sie behutsam auf den Rücken legte und auf sie stieg. Das rosafarbene Badetuch fiel herab, und Alex sog den überwältigenden Anblick seines Körpers in sich auf, die dicke, aufragende Erektion, all diese geballte Kraft, die bereit war, in sie einzudringen.

Sein Blick war wild, im hellen Silber seiner Augen blitzten bernsteingelbe Funken auf. „Ah, mein Gott ... Alexandra, ich muss es jetzt hören. Sag, dass du mir gehörst.“

“Ja“, sagte sie und schrie das Wort noch einmal laut, als er tief in sie stieß und sie mit einer schnellen, heißen Woge zur Erlösung brachte.

 

Er war noch fast eine Stunde mit Alex im Bett geblieben, viel länger, als er vorgehabt hatte. Aber es war fast unmöglich gewesen, den Willen aufzubringen zu gehen. Was hieß, dass er sich ziemlich sputen musste, um den vereinbarten Treffpunkt mit den Ordenskriegern pünktlich zu erreichen. Er schaffte es knapp und war gerade von seinem Schneemobil gestiegen, um sie zu erwarten, als das Dröhnen ihrer Motoren die Dunkelheit zerriss.

Die vier Krieger trugen wie er schwarze Winterkleidung und schwarze Integralhelme. Als Stammesvampire waren sie nicht auf die Scheinwerfer ihrer Motorschlitten angewiesen. Ihre riesigen, waffenstarrenden Gestalten rasten aus den nächtlichen Schatten auf die leer stehende, heruntergekommene Fernfahrerkneipe zu. Das Heulen ihrer Schneemobile erfüllte die Luft, die schweren Raupenketten wirbelten hinter sich graue Abgaswolken und Schneematsch auf.

Die Antwort des Ordens auf die apokalyptischen Reiter, dachte Kade mit einem ironischen Grinsen und sah zu, wie die Gruppe von Kriegern schlitternd vor ihm zum Stehen kam.

Brock stieg als Erster von seinem Schlitten herunter. Er stellte den Motor ab und schwang ein Bein über den Sitz, dann klappte er sein Helmvisier hoch, schritt auf Kade zu und begrüßte ihn mit einem breiten Lächeln und einem herzhaften Schlag auf die Schulter. „Du bist einfach nicht zufrieden, bis ich nicht auch in diesen gottverdammten Eisschrank komme, was? Das stinkt mir ganz schön, mein Alter. Oder es würde mir stinken, wenn ich noch irgendwas spüren könnte außer dieser arktischen Kälte an meinen lebenswichtigen Organen.“

Kade grinste den Krieger an, der sein bester Freund geworden war. „Freu mich auch, dich zu sehen.“

Unmittelbar hinter Brock kam ein weiterer Neuzugang des Ordens, Ex-Agent Sterling Chase - oder Harvard, wie er auch genannt wurde wegen seiner elitären zivilen Ausbildung und dem steifen Auftreten, mit dem er sich zu Anfang den Kriegern präsentiert hatte. Diese coole Aura der Überlegenheit war immer noch da, hatte jedoch in dem Jahr, seit er beim Orden war, eine eisige Schärfe hinzugewonnen.

Chase war tödlich und zog aus seiner Arbeit eine ungesunde Befriedigung.

Kade war ziemlich geschockt, ihn zu sehen, schließlich war er erst vor ein paar Wochen bei einer Straßenschlacht in Boston durch eine hässliche Schusswunde in die Brust niedergestreckt worden. Als der Stammesvampir jetzt den Helm absetzte und seinen blonden Bürstenhaarschnitt entblößte, fühlte sich Kade durch seine kalten blauen Augen unwillkürlich an Seths dreiste Arroganz erinnert. Das schmale Gesicht des Kriegers war fast hager, und in seinen Augen flackerte eine gewisse Leere. Kade verspürte Apathie, wie ihm in diesem Augenblick zum ersten Mal wirklich bewusst wurde.

„Hab Satellitenbilder vom Gelände der Minengesellschaft“, sagte Chase statt einer Begrüßung, zog einen kleinen Laptop aus seiner Montur und fuhr ihn hoch, während die anderen sich um ihn versammelten. „Ganz neue Infos.

Gideon hat die Bilder reinbekommen, als wir eben das Hauptquartier verlassen haben.“

„Gut“, erwiderte Kade. „Alles okay mit dir, Harvard?“

Er schaute auf, seine Miene war undurchdringlich und düster. „Mir geht's besser denn je.“

Während Kade den Krieger ansah, kamen die beiden übrigen Mitglieder der Einheit zu ihnen herüber, alle beide gnadenlos effiziente Waffen im tödlichen Arsenal des Ordens. Sie gehörten auch beide zur Ersten Generation des Stammes, auch wenn Tegan einige Hundert Jahre älter war als der Vampir, der einfach Hunter hieß. Im Gegensatz zu Tegan, der neben dem Gen-Eins-Anführer Lucan zu den Gründungsmitgliedern des Ordens gehörte, war Hunter erst vor ein paar Monaten an Bord gekommen - eine merkwürdige Allianz in Anbetracht der Tatsache, dass er ein Produkt aus Dragos'

genetischem Zuchtlabor war.

Gezeugt von dem letzten überlebenden Ältesten - der Kreatur, die sich derzeit womöglich in Alaska auf freiem Fuß befand -und geboren von einer der vielen unbekannten Stammesgefährtinnen, die Dragos über Jahrzehnte eingefangen hatte, um seine Verschwörung um die Macht voranzutreiben, war Hunter höchstens vierzig oder fünfzig Jahre alt. Doch in dieser kurzen Lebenszeit hatte er nur Disziplin und ein einziges Ziel gekannt.

Er war zum Killer erzogen worden, einem emotionslosen Jäger, und war nach seiner Funktion benannt worden - seinem einzigen Wert für Dragos, der ihn geschaffen hatte.

Hinter seinem glänzenden Helmvisier war Hunter wie gewöhnlich schweigsam und roboterhaft, als er und Tegan auf den Rest der Gruppe zukamen. Was Tegan anging, war der auch nie ein Charmebolzen gewesen. Bis noch vor etwa einem Jahr war seine Mitwirkung im Orden noch bestenfalls ungewiss. Aber am Ende hatte er sich bewährt und auch noch die Liebe einer schönen Frau gewonnen. Inzwischen war der Respekt einflößende Krieger Lucans Stellvertreter und erledigte jede Mission für den Orden mit all seiner Gnadenlosigkeit und tödlichen Kraft.

Der Blick seiner hellgrünen Augen war durchdringend, als er den Helm absetzte und Kade zur Begrüßung kurz zunickte.

“Gute Arbeit, die Spur zu Coldstream. Gideon hat sie zu einem Konzern zurückverfolgt, der sich TerraGlobal Partners nennt. Reine Scheinfirma, nur eine Fassade mit noch mal zehn Briefkastenfirmen dahinter.“

„Lass mich raten“, sagte Kade trocken. „Alle Wege führen zu Dragos.“

Tegan nickte. „Dante, Rio und Niko gehen die Daten durch und folgen jedem Brotkrümel, den wir finden können, egal wie winzig oder verstreut. Und Lucan und Gideon halten im Hauptquartier die Stellung. Ich musste Lucan praktisch fesseln, so gerne wollte er mit. Aber wir können das Hauptquartier nicht ungeschützt lassen, solange wir Dragos nicht direkt im Visier haben. Viel zu viel wertvolle Ware daheim.“

Kade nickte und hörte die grimmige Besorgnis in der Stimme des Kriegers, als er über seine Gefährtin Elise und die der anderen Krieger sprach, die im Hauptquartier des Ordens lebten.

Dieses Gefühl verstand Kade jetzt auch.

Er dachte an Alex, die er in ihrem Haus in Harmony hatte zurücklassen müssen, während er hier auf dieser Mission war ...

Wenn hier alles total schief ging und er nicht zu ihr zurückkehren konnte, konnte sie dem Ältesten oder irgendeiner anderen Gefahr zum Opfer fallen.

Und wenn er nicht da war, um sie zu beschützen ...

Verfluchte Scheiße!

In seinem Kopf jagte ein Horrorszenario das nächste, und er musste sich anstrengen, die schrecklichen Gedanken abzuschütteln, um mitzubekommen, was Tegan gerade sagte.

„Nach dem, was wir von Dragos wissen, müssen wir davon ausgehen, dass in der Mine eine Art Selbstzerstörungsmechanismus installiert ist. Wenn wir die Schaltzentrale des Verstecks nicht finden, müssen wir das Ganze selbst sprengen.“

Brock grunzte. „Von mir aus gern. Ich hab genügend C-4 eingepackt, um den ganzen Berg hochzujagen. Das gibt einen Krater so groß wie ein Meteoriteneinschlag.“

Tegan nickte ihm zu, dann begann er, die Instruktionen für den Sturm auf die Mine auszugeben. Die Krieger hatten den Angriffsplan schon in Boston durchgesprochen; jetzt ging es nur noch um die praktische Durchführung der Mission.

„Schade, dass Andreas Reichen nicht da ist. Der würde Dragos etwas Feuer unterm Hintern machen“, fügte Chase hinzu und meinte damit den jüngsten Zugang des Ordens, den ehemaligen Anführer des Dunklen Hafens von Berlin.

„Bisschen Pyrokienese käme gut heute Nacht.“

„Und wie“, meinte Tegan. „Aber er hat seine Gabe immer noch nicht ganz im Griff. Bis er so weit ist, kümmert er sich besser weiter um die diplomatischen Beziehungen des Ordens.“

„Diplomatie.“ Brock stieß ein tiefes, kehliges Kichern aus. „Für den Job wäre von uns weiß Gott keiner geeignet.“

„Verdammt richtig“, pflichtete Tegan ihm bei und lächelte kalt. „Also lassen wir das Gequatsche und gehen ein paar Arschtritte austeilen.“

Als sich die Gruppe zerstreute und zum Aufbruch bereit machte, blieb Brock ein wenig hinter den anderen zurück und sah Kade fragend an. „Ist irgendwas mit dir? Ich war schon viel zu oft mit dir auf Patrouille, um nicht zu merken, dass dir was Ernstes durch den Kopf geht, mein Alter.“

„Nö.“ Kade schüttelte den Kopf. „Es ist nichts. Alles bestens. Fahren wir.“

Brock kniff die dunklen Augen zusammen. Er machte einen Schritt zur Seite, versperrte Kade den Weg und senkte die Stimme, damit die anderen ihn nicht hören konnten. „Also hör mal, das kannst du deiner Oma erzählen, aber keinem, der dir schon so oft den Rücken freigehalten hat wie ich dir. Also noch mal: Was zum Teufel ist passiert, seit du hergekommen bist?“

Kade starrte seinen Kameraden und Freund an - den Krieger, der ihm so nahestand wie ein Bruder. Sogar näher als sein eigener Zwillingsbruder. Der Zwillingsbruder, den Kade nicht mehr kannte und den er vor langer Zeit als Angehörigen verloren hatte.

Er schämte sich, wenn er jetzt an Seth dachte, und noch mehr, als er jetzt erklären sollte, was er seit seiner Rückkehr nach Alaska über ihn herausgefunden hatte.

Irgendwann würde er dem Orden darüber berichten müssen, das wusste er.

Und auch Alex würde er eines Tages von Seth erzählen müssen. Aber es gab andere Dinge, die ebenso schwer auf ihm lasteten, nicht zuletzt die Tatsache, dass er mitten in all diesem Irrsinn und diesen Unruhen, seit er Boston verlassen hatte, irgendwie nicht vorsichtig genug gewesen war und zugelassen hatte, sich zu verlieben.

„Die Frau“, sagte er lahm. „Alexandra Maguire ...“

„Du meinst die Stammesgefährtin“, korrigierte ihn Brock, der durch eines von Kades Telefonaten mit dem Hauptquartier schon von ihr gehört hatte. „Ist ihr was passiert?“

„Könnte man so sagen.“ Kade stieß einen gequälten, ausweichenden Seufzer aus. „Alex ist mir wichtig geworden. Wirklich wichtig.“

Während Brock ihn anstarrte, bestiegen die anderen Krieger ihre Schlitten und ließen die Motoren an. Ihr Dröhnen erfüllte die Luft, alle warteten, dass es endlich losging.

Brock starrte ihn noch einen Moment an und brach dann in johlendes Gelächter aus. „Ach nee! Ach du Scheiße. Nicht du auch noch?“

Kade grinste und zuckte hilflos die Achseln. „Ich liebe sie, Mann. Und sie sagt, dass sie mich auch liebt.“

„Also, ich fass es nicht“, meinte Brock, immer noch kichernd und kopfschüttelnd. „Das ist ja die reinste Epidemie hier.“

„Dann pass du mal besser auf.“

„Scheiße“, gab er zurück und stieß langsam den Atem aus. „Mit wem häng ich dann jetzt nach den Patrouillen ab - etwa mit Harvard? Na vielen Dank, Mann.

Und unser Hunter ist ja auch ein echter Spaßvogel ...“

Drüben auf dem Weg klappte Tegan sein Visier hoch und warf ihnen einen auffordernden Blick zu. „Auf jetzt!“

Brock machte ein bestätigendes Handzeichen und wandte sich wieder an Kade. „Jetzt mal Scherz beiseite, Mann, ich freu mich drauf, deine Frau kennenzulernen. Aber zuerst knöpfen wir uns diesen Dragos vor.“

Kade kicherte, während er zu seinem Schneemobil ging und sich fertig machte, um mit seinen Brüdern loszufahren. Aber seine Lockerheit war nur eine Maske für die unangenehme Realität, die ihm jetzt immer schwerer auf der Seele lag.

Denn wenn er den Angriff auf die Mine heute Nacht überlebte, hatte er die unerfreuliche Aufgabe, sich schon bald danach mit Seth zu befassen.

Er hatte vor, mit Alex ein gemeinsames Leben zu beginnen, wenn sie ihn wollte, aber das konnte er nicht, ohne sich um die Angelegenheit zu kümmern, die er eigentlich schon hätte angehen sollen, bevor er Alaska überhaupt verlassen hatte.

Seth war dabei, der Blutgier zu verfallen, wenn es nicht sogar schon zu spät war. Sein Wahnsinn musste gestoppt werden.

Und Kade war der Einzige, der das konnte.

Lara Adrian- 07- Gezeichnete des Schicksals
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